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Ingolf Seidel

Ingolf Seidel arbeitet seit 2009 für das Bildungsportal "Aus der Geschichte lernen" und ist verantwortlich für Redaktion und Projektmanagement. Er führt Seminare zur (historischen) politischen Bildung durch und konzipiert Bildungsmodule.

Issue: Youth

Those born afterwards bear no direct responsibility. They may choose to ignore history or identify with perpetrators or victims. What can be done to awaken young people’s interest in history and motivate them to engage in building peaceful relations between communities?

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Literaturhinweise
Historische Bildung, Begegnung und Sport: Das internationale, interkulturelle Fußballbegegnungsfest

Christoph David Schumacher | Lernen aus der Geschichte | November 2018

Bar Kochba lebt in Leipzig weiter

Jüdische Allgemeine | Juli 2018

Von Kopf bis Fuß

Fußball, Geschichte und Erinnerungsarbeit
13. August 2020
Giogio Trovato | Unsplash

Fußball ist auf der ganzen Welt ein beliebter Sport, doch das schöne Spiel hat auch eine hässliche Seite: antisemitische, rassistische, sexistische und homophobe Gesänge und Beschimpfungen in und außerhalb der Stadien. Der Verein Tüpfelhausen - das Familienportal e.V. in Leipzig hat eine ganz eigene Antwort auf das Erstarken von Rechtsextremismus und Antisemitismus entwickelt.

Fußball ist ein international populärer Sport. Jedes Wochenende zieht er in vielen Ländern der Erde zigtausende Menschen in die Stadien. Gleichzeitig ist der Sport immer wieder begleitet von antisemitischen, rassistischen, sexistischen und homofeindlichen Fangesängen und Übergriffen in und außerhalb der Fußballstadien. So ist es gang und gäbe Anhänger*innen und Spieler gegnerischer Vereine, aber auch Schiedsrichter*innen in herabwürdigender Absicht als „Jude“ zu beschimpfen. In Deutschland sind von antisemitischen Schmähungen besonders die Makkabi-Vereine betroffen, die in einer jüdischen Fußballtradition stehen, jedoch nicht nur jüdischen Spieler*innen offen stehen.

Der in Leipzig ansässige Verein „Tüpfelhausen – das Familienportal“ ist einen besonderen Weg beschritten, um sich gegen den Vormarsch der extremen Rechten und gegen Antisemitismus zu engagieren: Er verbindet dafür internationale Fußballfeste mit historischem Lernen.

Christoph David Schumacher, Projektkoordinator bei Tüpfelhausen, schreibt zum Ausgangspunkt der Initiative: „Am Anfang unserer deutschlandweiten Veranstaltungen stand im Jahr 2013 der bundesweite Gedenktag an den ehemaligen jüdischen Sportverein „SK Bar Kochba Leipzig“. Der SK Bar Kochba war schon zu Zeiten der Weimarer Republik ein beachtlich großer Sportverein mit einem eigenen weitflächigen Gelände, obgleich er erst im Jahre 1920 gegründet wurde. Er bestand aus mehreren Abteilungen, wobei die Abteilungen Boxen, Fußball und Leichtathletik mit ihren vielfältigen Erfolgen besonders hervorzuheben sind. Zusammen mit der Initiative 1903 e.V. richteten wir auf dem ehemaligen Platz des SK Bar Kochba Leipzig in der Delitzscher Straße in Leipzig diesen medial breit beachteten Gedenktag mit mehreren hundert Besucher*innen aus.“

Im Zuge der antijüdischen nationalsozialistischen Politik wurde der SK Bar Kochbar Leipzig 1938 zwangsaufgelöst. Die Vereinsmitglieder wurden verfolgt, deportiert und ermordet. Manchen gelang die Flucht.

„Das Gelände des SK Bar Kochba wurde in der Folgezeit „arisiert“ und der SA überschrieben und von ihr genutzt. Mit Gründung der DDR erfolgte dann die Nutzung durch eine Betriebssportgemeinschaft. Jegliche Erinnerung verblasste. Nur die lokale Bevölkerung nannte das Gelände weiterhin „Judenplatz“. Ansonsten erinnerte nichts mehr an diesen stolzen Verein und das Schicksal seiner vielen Mitglieder“, so Schumacher. Daran hat sich durch das Engagement von Schumacher und anderen einiges geändert. Das erste Turnier mit dem Titel „Internationales, interkulturelles Fußballbegegnungsfest“ fand im Juni 2015 statt und erreichte 1.500 Besucher*innen. Dazu wurde der nahezu vergessene Verein „Bar Kochbar Leipzig“ wiederbelebt. Ein wichtiger Baustein dazu war der Kontakt zu dem in den Niederlanden lebenden Ze’ev Bar, Sohn von Max Bartfeld, der mit seinem Bruder Leo zu den Mitbegründern von „Bar Kochbar“ gehörte. Eigens für das Fußballfest wurde der „Max- und Leo-Bartfeld-Preis“ ins Leben gerufen. In diesem Jahr fand das Fest bereits zum fünften Mal statt. Am Start waren Teams aus Israel, Polen, der Schweiz und Deutschland. Mehr als 4.000 Besucher*innen fanden den Weg nach Leipzig, darunter 300 Kinder und Jugendlich mit ihren Betreuer*innen.

Das „Internationale, interkulturelle Fußballbegegnungsfest“ ist nicht alleine ein Sportereignis. Mit der 2018 stattfindenden Veranstaltung wurde ein neues Format geschaffen und integriert, die „1. Trilaterale Jugendbegegnung der Transnationalen Erinnerungsarbeit“. „Rund 60 Kinder und Jugendliche nebst Betreuer*innen aus Deutschland, Israel und der Tschechischen Republik setzten sich während der fünf Veranstaltungstage der Jugendbegegnung mit der Geschichte, ihrem Umgang damit sowie mit aktuellen Fragestellungen auseinander und erweiterten ihre Urteils- und Handlungsfähigkeiten. Zur besonderen Niederschwelligkeit der Veranstaltung trug auch die Beseitigung von Sprachbarrieren durch den Einsatz von Sprachmittler*innen bei.“ Zu den Fußballteams der drei Länder gehörte auch eines von jungen Roma aus der Tschechischen Republik.

Auch im allgemeinen Programmteil gab es Veranstaltungen zur Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Bereits zum Auftakt wurde das Theaterstück „Juller“ über den Lebens- und Leidensweg des jüdischen Fußballnationalspieler Julius „Juller“ Hirsch aufgeführt. Weiter zum Programm gehörten Berichte von Überlebenden des Holocaust, regionalgeschichtliche Führungen zu Zwangsarbeit in Leipzig und ein Vortrag zur Geschichte des jüdischen und des Arbeiter*innensports in Deutschland in den Jahren 1918 bis 1938. Die abschließende Siegerehrung des Fußballturniers erfolgte durch Holocaust-Überlebende. Die Auseinandersetzung mit der deutsche Geschichte war demnach ein integraler Bestandteil der gesamten Veranstaltung. Schumacher spricht davon, dass „ein breites wie gleichermaßen interessantes Programm konzipiert (wurde), welches sich an der realen Lebenswirklichkeit der Jugendlichen unmittelbar andockte.“ So wurde der Sport als „Transmissionsriemen“ genutzt.

In der lebensweltlichen ausgerichteten Konzeption des „Internationale, interkulturelle Fußballbegegnungsfest“ liegt nicht nur seine pädagogische Stärke, sondern es birgt auch Möglichkeiten der Übertragbarkeit auf andere historische und soziale Kontexte. Heterogen zusammengesetzte Fußballteams entsprechen der Lebensrealität nicht nur von Jugendlichen. Diese Heterogenität zeigt sich in den international zusammengesetzten Teams des Fußballbegegnungsfestes. Nicht allein Geschichte in einer Landes- oder in internationaler Perspektive spielt hier eine Rolle, sondern sie wird gleichzeitig durch die lokalen Akteur*innen angebunden an die Region und die Stadt. Durch diese Anbindungen wird die historische Auseinandersetzung dem oft ritualhaften Charakter des deutschen Umgangs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit entzogen und wird Teil bürgerschaftlichen Engagements.

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ist ein Zusammenschluss von staatlichen Organisationen, kirchlichen Hilfswerken, zivilgesellschaftlichen Netzwerken und politischen Stiftungen.

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