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Müssen wir mehr als nur reden?

Strategien und Initiativen für die Bekämpfung von Hate Speech und Hate Crimes in Europa
10. November 2020
Die Ergebnisse der Session wurden in einem Graphic Recording festgehalten.

Die Bekämpfung von Hate Speech und Hate Crimes kann nur gelingen, wenn Staat und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten. Ein verbindlicher Rechtsrahmen, Dialog und Bildung müssen Hand in Hand gehen. Zu diesem Ergebnis kamen die Panelist*innen der Veranstaltung „Adressing Hate Speech in Europe“ auf der Geneva Peace Week.

Mit der Covid-19-Pandemie haben Verschwörungstheorien weltweit, aber vor allem in Europa sich rasend schnell über soziale Netzwerke verbreitet. Hate Speech gegenüber Zuwander*innen, Muslim*innen und Jüd*innen, aber auch Frauen und Mitgliedern der LGBTI+-Community nehmen zu. Doch trotz bereits bestehenden staatlichen und zivilgesellschaftlichen Initiativen in Europa scheint sich die Verbreitung von Hate Speech und Hate Crimes nicht aufhalten zu lassen – weder in der Realität noch im Netz.

Anlässlich dieser besorgniserregenden Entwicklungen veranstalteten Global Action Against Mass Atrocity Crimes (GAAMAC), Global Partnership for Prevention of Armed Conflict (GPPAC), das eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) im Rahmen der Geneva Peace Week 2020 die Online-Session „Addressing Hate Speech in Europe“. Die Veranstalter*innen stellten zur Debatte, wie Hate Speech und Hate Crimes in Europa bekämpft werden können.
Christie Edwards (Stellvertretende Leiterin der Abteilung für Toleranz und Antidiskriminierung des Büros für Demokratie und Menschenrechte der OSZE) und Elvir Djuliman (Leiter des Nansen Dialogue Centre in Mostar, Bosnien-Herzegowina) diskutierten mit der Moderatorin Mô Bleeker (GAAMAC Vorsitzende und Sonderbeauftragte des EDA für Vergangenheitsbewältigung und der Prävention von Gräueltaten) über vielversprechende Initiativen und gemeinsame Herausforderungen.

Ängste überwinden – Brücken bauen

Zivilgesellschaftliche Initiativen tragen entscheidend dazu bei, gegen Hate Speech und Hate Crimes vorzugehen. Christie Edwards und Elvir Djuliman betonten die Brückenfunktion solcher Initiativen zwischen den betroffenen Gruppen und staatlichen Stellen wie Polizei und Justiz. Die Initiativen lassen häufig erst ein Bewusstsein für Diskriminierungserfahrungen wachsen und ermöglichen Opfern, dass ihre Stimme gehört wird. Gleichzeitig können lokal verwurzelte Initiativen, wie das Nansen Dialogue Centre, eine Plattform für den Austausch zwischen den Gruppen schaffen. Der Annahme, dass Stereotypen und damit Hate Speech aus der Unkenntnis über das Fremde entstehen, soll durch Dialog begegnet werden. Bildung, so betonte Elvir Djuliman, sei der Schlüssel, um Angst und daraus resultierenden Hass zu überwinden. Friedensförderung, Medienbildung und interreligiöser Dialog müssen auch bei wachsenden gesellschaftlichen Spannungen nicht nur weiterhin Teil gesellschaftlicher Initiativen bleiben, sondern auch in offiziellen Schulcurricula festgeschrieben werden. Hier zeigt sich die Grenze vieler zivilgesellschaftlicher Organisationen und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit staatlichen Akteuren.

Bereitschaft zur Selbstreflexion

Der Staat, so waren sich die Diskussionsteilnehmer*innen einig, hat eine Schlüsselposition in der Bekämpfung von Hate Crimes und Hate Speech. Trotz einer Initiative der UN für ein gemeinsames Verständnis von Hate Speech fehlt auf internationaler und nationaler Ebene eine verbindliche Definition. Es benötige eine Selbstverpflichtung der Staaten, dass sie in ihren Strukturen ein Bewusstsein für die Diskriminierung von marginalisierten Gruppen schaffen, um Gesetze zu erlassen und struktureller Diskriminierung vorzubeugen. Dies erfordert die Bereitschaft einer Regierung, sich mit Diskriminierung und ihren strukturellen Ursachen auseinanderzusetzen.
Wie die Diskussionsteilnehmer*innen verdeutlichten, dürfe sich daher das staatliche Engagement nicht auf die bloße Strafverfolgung beschränken. Gerade die Kooperation mit der Zivilgesellschaft und die Förderung inklusiver Räume für Austausch und Dialog sei ein wichtiger Bestandteil des Kampfes gegen Hate Crimes und Hate Speech.

Reichen Dialog und Bildung?

Die Frage bleibt: Reicht eine lebendige Demokratie als Schutz gegen Hate Speech und Hate Crimes? Denn die Wirkung einzelner Initiativen der Friedenserziehung bleibt häufig unklar, oft fehlen Zahlen zur Verbreitung und Wirkung von Hate Speech und Hate Crimes sowie den Täter*innen.
Die Rückmeldungen der Teilnehmer*innen der Online-Session zeigten, wie vielschichtig der Themenkomplex Hate Speech und Hate Crimes ist. Das Verhältnis zwischen staatlicher Regulierung von Social-Media-Plattformen und Meinungsfreiheit wurde angesprochen, ebenso wie die Rolle von Männlichkeitsbildern in Konfliktregionen. In vielen Beiträgen spiegelte sich die Frage nach individueller oder struktureller Prävention von Hate Speech und Hate Crimes wider. Festzuhalten ist – weder staatliche noch zivilgesellschaftliche Initiativen allein sind ausreichend, um Hate Speech und Hate Crimes erfolgreich zu begegnen.

Die Online-Session war Teil einer Veranstaltungsreihe zu Hate Speech und Hate Crimes im Vorfeld des vierten internationalen Treffens von GAAMAC im November 2021.

Die Arbeitsgemeinschaft Frieden und Entwicklung (FriEnt) ist ein Zusammenschluss von staatlichen Organisationen, kirchlichen Hilfswerken, zivilgesellschaftlichen Netzwerken und politischen Stiftungen.

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Arbeitsgemeinschaft Frieden

und Entwicklung (FriEnt) c/ o GIZ

Friedrich-Ebert-Allee 36

53113 Bonn

Tel +49 228 4460-1916

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