Die juristische und gesellschaftliche Aufarbeitung vergangenen Unrechts ist eine Basis für Konflikttransformation, Entwicklung und Versöhnung. Deswegen unterstützen staatliche wie zivilgesellschaftliche Akteure eine ganze Bandbreite von Initiativen, die seit den 1990er Jahren unter dem Begriff „Transitional Justice“ zusammengefasst werden. Wahrheitsfindung, Anerkennung und Ahndung von Unrecht, Wiedergutmachung und Nichtwiederholung sind dabei zentrale Anliegen.
Im letzten Jahrzehnt haben sich Wahrheitskommissionen und Strafgerichte international als wichtige Mechanismen etabliert. Sie konzentrieren sich auf die Aufarbeitung schwerer Menschenrechtsverletzungen während Diktatur oder Gewaltkonflikt. Allerdings bleiben die tiefer liegenden Gründe von Konflikten wie soziale, kulturelle oder politische Marginalisierung von Bevölkerungsgruppen oder ungleiche Ressourcenverteilung weitgehend ausgeklammert. Möchte man jedoch mit Transitional Justice nicht nur den Blick zurück auf begangene Gewalttaten werfen, sondern auch einen Grundstein für bessere Lebensbedingungen legen, bedarf es eines umfassenderen Verständnisses von Gerechtigkeit, das sich an der Unteilbarkeit der Menschenrechte orientiert.
Ein solches Verständnis von Gerechtigkeit kann jedoch nur verwirklicht werden, wenn Arbeitsansätze aus dem Transitional Justice Bereich und der Entwicklungs- und Friedensarbeit aufeinander abgestimmt werden. Die Aufarbeitung wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Unrechts und die Integration von „do no harm“ Fragestellungen müssen bei Transitional Justice Interventionen stärker berücksichtigt werden; entwicklungs- und friedenspolitische Organisationen wiederum sollten bei der Planung und Umsetzung ihrer Arbeit Erkenntnisse und Empfehlungen aus Transitional Justice Prozessen einbeziehen. Die derzeitige Konzentration auf Menschenrechte und ihre Unteilbarkeit kann als ein Anknüpfungspunkt für diese Bestrebungen dienen.