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Am 5. Oktober 2023 fand erneut die jährliche Konferenz des Beirats Zivile Krisenprävention und Friedensförderung statt – koordiniert im Förderprogramm zivik. Die eintägige Veranstaltung mit dem Titel „'Zeitenwende' for Civilian Crisis Prevention?“ war dieses Jahr von deutschen sowie internationalen Expert*innen gut besucht.
In seiner Eröffnungsrede beschrieb Richard Gowan, UN-Direktor der International Crisis Group, einen Wendepunkt in der zivilen Krisenprävention: Nachdem es eine lange Phase der Professionalisierung und maßgeblichen konzeptionellen Verschiebungen gegeben hätte hin zu einer Lokalisierung der Friedensarbeit, setzten heute nationale Interessen und ein neuer Realismus den Rahmen für ihre Wirkungsmöglichkeiten.
Auf dem anschließenden Panel wurden Möglichkeiten und Grenzen der Zivilen Krisenprävention vielseitig diskutiert. Konfliktdynamiken in Europa verschöben den Fokus von der Konfliktbearbeitung hin zur Eindämmung von Gewalt. Aufgrund militarisierter Narrative und Handlungslogiken trete die Option der Zivilen Krisenprävention weiter in den Hintergrund. Europa müsse sich bewusst machen, welche potenziell destabilisierende Wirkung ihre Politik entfalten könne – vor allem dann, wenn politische Werte und Interessen nicht im Einklang stünden. Ehrlichere Analysen zu Missständen und Konfliktursachen könnten dahingegen Argumente liefern, die die Friedensarbeit wieder mehr in den Fokus rückten.
Weiterhin müssten lokale Friedenspotentiale und die Zivilgesellschaft gestärkt werden. Die Nationale Sicherheitsstrategie könne durch ihre Bezugnahme auf die Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ und das Konzept der menschlichen Sicherheit als Instrument für vermehrten politischen Druck herangezogen werden für eine verstärkte Förderung der Zivilen Konfliktbearbeitung.
Gleichzeitig wurde kritisch vermerkt, dass im aktuell stattfindenden Wechsel von einer unipolaren zu einer multipolaren Weltordnung – in der der Westen nicht mehr dominieren solle – die Nationale Sicherheitsstrategie zu kurz greifen und Deutschland auf diesen Wandel nicht vorbereiten würde. Frieden dürfe im Rahmen der Umsetzung der Nationalen Sicherheitsstrategie nicht sicherheitspolitischen Zielen untergeordnet werden. Gleichzeitig müssten die friedenspolitischen Leitlinien der Zivilen Krisenprävention weiter Bestand haben.
Insbesondere auch das Konzept der menschlichen Sicherheit müsse mehr in den Vordergrund gerückt werden. Im Sinne einer feministischen Politik könne das Ziel der Krisenprävention nicht nur sein, Kriege sicherer zu machen. Vielmehr müssten Ursachen von Gewalt adressiert und damit Gewalteskalationsprozessen nachhaltig vorgebeugt werden.
Auch die für nachhaltige Friedensarbeit notwendige Auseinandersetzung mit Rassismus und Diskriminierung wurde intensiv besprochen. Internationale Organisationen und Institutionen haben oft privilegierten Zugang zu Konfliktparteien und Friedensprozessen. Die lokale Bevölkerung hat im Vergleich häufig eingeschränkte Teilhabemöglichkeiten. Die Menschen in konfliktbetroffenen Ländern sind außerdem oft Stigmata ausgesetzt. Ihrem Fachwissen auch zu ihren Konfliktkontexten wird oftmals wenig Beachtung geschenkt.
Daher wurden in einer weiteren Veranstaltung auf der Konferenz Ansätze für einen weiteren Abbau solch diskriminierender Machtstrukturen diskutiert. Darunter waren die Priorisierung lokalen Wissens, die Abschaffung der Dichotomie von Opfern und Tätern, Möglichkeiten einer partnerorientieren Maßnahmenfinanzierung sowie die kritische Hinterfragung des Verständnisses von Professionalismus. Peace Direct stellte in diesem Rahmen seine neue Publikation „Transforming Partnerships in International Cooperation“ vor.
Auf der Konferenz wurde zudem die Studie Germany’s Contributions to Civilian Conflict Management and Peacebuilding in the EU’s Eastern Neighbourhood des Beirats veröffentlicht und besprochen. Sie enthält Empfehlungen für eine wirksamere Umsetzung der Friedensförderung in der östlichen Nachbarschaft der EU. Die Studie macht deutlich, wie wichtig es ist, eine Vielzahl von effektiven, kontextsensitiven Maßnahmen der Konfliktbearbeitung und Friedensförderung zur Verfügung zu haben.