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Wonach suchen Sie?

Wonach suchen Sie?

Gleichberechtigung, Machttransformation, Gesellschaftlicher Frieden

Eine Annäherung
Friedensförderung
Gender
Zivile Konfliktbearbeitung
Zivilgesellschaft
Feministische Friedensförderung
Marin Tulard | Unsplash

Wie hängt das zusammen? Positiver Frieden ist die Abwesenheit direkter Gewalt und steht für die Überwindung struktureller Gewalt. Dabei sind Gleichberechtigung sowie die Transformation von ungerechten und diskriminierenden Strukturen entscheidende Hebel – weltweit ebenso wie in Deutschland. Frieden und gesellschaftlicher Zusammenhalt sind Grundlage und gleichzeitig kontinuierliche Aufgabe.

Trotz dieser gut dokumentierten Erfahrungen und Konzepte aus der Zivilen Konfliktbearbeitung und Friedensförderung stehen wir global bei der Gleichberechtigung aller Menschen vor erheblichen Herausforderungen: Geschlechtsspezifische Gewalt bleibt eine drängende Gefahr, gerade für Frauen und LGBTIQ+-Personen. Ungleiche Machtverhältnisse und die eingeschränkte Anerkennung der Rollen von Frauen in allen gesellschaftlichen Prozessen behindern die Entwicklung hin zu gerechteren und friedlicheren Gesellschaften. Erschwerend kommt hinzu, dass marginalisierte Gruppen wie beispielsweise Frauen in der Regel unterrepräsentiert sind in Entscheidungsprozessen, die Frieden und Sicherheit betreffen.

In den letzten Jahren erleben Partner*innen der FriEnt-Mitgliedsorganisationen in den unterschiedlichsten Regionen der Welt wachsende Gegenreaktionen und Angriffe auf ihren Einsatz für die Gleichberechtigung der Geschlechter. Es wäre jedoch zu einfach, diese Entwicklung als ein Problem der Länder des sogenannten Globalen Südens zu stigmatisieren.

Zum einen sind die Gegner*innen der Gleichberechtigung weltweit gut vernetzt. Zudem stammt ein Großteil der finanziellen Mittel und auch der politischen Unterstützung aus dem sogenannten Globalen Norden. Zum anderen werden auch in Deutschland Hetze und Desinformationskampagnen gegen Gleichberechtigung lauter, oft begleitet von angedrohter oder tatsächlicher Gewalt. Sollte in Deutschland die Befürwortung für Gleichberechtigung geringer werden, so ist zu befürchten, dass sich dadurch auch die Unterstützung für Gleichberechtigung im Ausland verringert – sowohl finanziell als auch politisch. Die Entwicklungen weltweit können daher nicht losgelöst von der innenpolitischen Situation Deutschlands betrachtet werden.

Gleichberechtigung als dauerhafte Aufgabe für Staat und Zivilgesellschaft

„(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. 

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. 

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, […] seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“

In der Bundesrepublik Deutschland ist die Gleichberechtigung seit 76 Jahren in unserem Grundgesetz Artikel 3 verankert. Durch den unermüdlichen Einsatz von Elisabeth Selbert, ihrer Verbündeten und der Unterstützung der Öffentlichkeit gelang es in der entscheidenden Sitzung am 18. Januar 1949 den Gleichheitsgrundsatz als unveräußerliches Grundrecht einstimmig im Hauptausschuss durchzusetzen. Ein Erfolg, der ohne das jahrzehntelange Engagement von Frauenrechtsaktivist*innen, der Zivilgesellschaft sowie der Zusammenarbeit politischer Entscheidungsträger*innen über Parteigrenzen hinweg nicht möglich gewesen wäre.  

Gleichberechtigung für alle braucht Verbündete  

Marginalisierten Gruppen fehlt der Zugang zu Macht und Entscheidungsräumen, sodass sie nicht selbst über ihre eigenen Belange entscheiden können. Stattdessen sind sie darauf angewiesen, ihre Interessen von anderen vertreten zu sehen. Repräsentative Demokratien stehen dabei immer vor der Herausforderung, dass Parlamente die Bevölkerung nicht eins-zu-eins widerspiegeln – weder in Bezug auf die Interessen noch in Bezug auf Identitätsfaktoren wie beispielsweise Alter, Geschlecht, Herkunft, sichtbare und unsichtbare Behinderungen sowie sozioökonomischem Status. Dennoch sollte es stets das Bemühen geben, die Repräsentationslücke zu minimieren. Denn je diverser eine Gruppe – auch ein Parlament – desto größer ihre Fähigkeit, ein komplexes Bild der Wirklichkeit zu sehen. Der Bundestag 2021-2024 war relativ divers in Bezug auf Merkmale wie Alter und Geschlecht. Der Bundestag 2025 ist weniger divers. Umso wichtiger ist ein Bewusstsein für die existierenden Repräsentationslücken und eine Orientierung an menschenrechtlichem Schutz, vor allem für marginalisierte und gefährdete Personen und Gruppen. Artikel 3 GG ist weiterhin eine wertvolle Grundlage sowie ein Versprechen, das noch eingelöst werden muss.

Zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen, politische Stiftungen und viele weitere Akteure dienen oft als Verbündete (Allies) von marginalisierten Gruppen wie beispielsweise Frauen. Sie können Räume und Zugänge schaffen, in denen diese ihre Rechte und Forderungen artikulieren können und Gehör finden – und diese dann verstärken. Dazu gehört auch der selbstkritische Diskurs bezüglich der eigenen Privilegien und der notwendigen Machttransformation im Inneren zugunsten der Gleichberechtigung aller.

Neben dem staatlichen und gesellschaftlichen Engagement trägt auch jede*r Einzelne dazu bei, Gleichberechtigung für alle spürbar zu machen und mit Leben zu füllen. Dafür können Rollen, Geschlechtsidentitäten, Strukturen, Macht und Privilegien hinterfragt und verändert werden. Das eigene Leben kann nach den Werten der Gleichberechtigung ausgestaltet werden. Gleichzeitig kann sich dies ebenso in gesellschaftlichem und/oder politischem Engagement niederschlagen – zum Beispiel im Rahmen von Kommunikation im öffentlichen Raum, Wahlen, Demonstrationen sowie Solidaritätshandlungen mit marginalisierten Gruppen.

Gleichberechtigung als Schlüssel für Frieden und Entwicklung weltweit

Wenn die Ebenen Staat, (organisierte) Zivilgesellschaft und das Individuum zusammenwirken, wird Gleichberechtigung für alle erfahrbar. Genau dort setzen wir mit der entwicklungspolitischen Friedensförderung an und unsere Erfahrungen zeigen: Je größer die Gleichberechtigung der Geschlechter, desto größer ist die Chance auf eine gewaltfreie Konfliktbearbeitung, nachhaltige Entwicklung, Menschliche Sicherheit und Frieden. Gleichberechtigung ist somit ein Gewinn für die Gesamtgesellschaft – weltweit wie auch in Deutschland.

„Ich hatte einen Zipfel der Macht in meiner Hand gehabt und diesen Zipfel der Macht, den habe ich ausgenützt“, so Elisabeth Selbert. Sie suchte und profitierte von Verbündeten. Solche Bündnisse braucht es auch heute vielleicht mehr denn je – national wie international. So kann die Gleichberechtigung der Geschlechter realisiert und gezielt gegen Angriffe geschützt werden.

Kontakt
Christina Bermann-Harms
Christina Bermann-Harms

Vertreterin des Konsortiums Ziviler Friedensdienst (ZFD) bei FriEnt

christina.bermann-harms@frient.de

Lena Bareiß
Lena Bareiß

Vertreterin des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bei FriEnt

lena.bareiss@frient.de

Referenzen

Gleichberechtigung im Grundgesetz

Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Nr. 01/24

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