Das schlechte Image kleinbäuerlicher Betriebe hält einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand, weder unter ökonomischen noch unter sozialen Aspekten. Auch Landkonflikte werden durch die Investitionen in Land von in- und ausländischen Kapitalgebern eher befördert. Auf dem People‘s Summit wurde eingefordert, dass die agrarökologische, kleinbäuerliche Landwirtschaft gefördert und die Investitionen in Land durch europäische Entwicklungsbanken gestoppt werden.
Am 14. und 15. Februar fand im Vorfeld des AU-EU Gipfels der Peoples‘ Summit statt. Das ist der Gipfel der Menschen, um die es eigentlich bei der Konferenz gehen sollte – nämlich allen voran Bäuerinnen und Bauern in Afrika. Diverse zivilgesellschaftliche Organisationen trafen sich dabei zum Austausch und haben unter anderem Ergebnisse von Studien vorgestellt, um ihre Forderungen zu untermauern. Dabei war ein zentrales Thema der Zugang zu Land und Land Governance.
Und das aus gutem Grund, denn die Anzahl und Schärfe der Konflikte um Land in Sub-Sahara Afrika nehmen zu. Menschen auf dem Land brauchen vor allem eine wirtschaftliche Perspektive und Ernährungssicherheit. Viele afrikanische Regierungen setzen immer mehr auf einen ländlichen Strukturwandel hin zu großflächigen agrarindustriellen Betrieben über kapitalkräftige Investoren.
Doch bringen großflächige Betriebe aus Entwicklungsperspektive wirklich den versprochenen Mehrwert? Wird die Ertragslücke geschlossen und der Hunger verringert? Können Regionen sich mittels großflächiger Landwirtschaft entwickeln? Wie wirken sich diese Betriebe auf den Zugang zu Land aus? Markus Wolter von Misereor hat dazu eine wissenschaftliche Studie präsentiert, die kleinbäuerliche Familienbetriebe mit großflächigen agrarindustriellen Betrieben in Subsahara-Afrika vergleicht. Die Ergebnisse sind bemerkenswert:
Ökonomische Indikatoren. Produktion auf 11 Prozent der Fläche
Bei nur etwa der Hälfte der abgeschlossenen Landkäufe handelt es sich heute um produktive Betriebe. Und lediglich auf 11 Prozent der Fläche dieser Landkäufe hat die landwirtschaftliche Produktion begonnen. Die meisten Fehlschläge beruhen auf fehlenden Informationen zum Produktionspotenzial und Grenzkonflikten mit angrenzenden Kleinbauern oder anderen agrarindustriellen Betrieben. Daneben gibt es Schwierigkeiten beim Import von Betriebsmitteln (Pestiziden, Dünger und Maschinen) und Unsicherheit über die langfristige Gültigkeit des Landkaufs.
Ein Großteil der Produktion auf großflächigen Betrieben dient dem Export von Agrarrohstoffen. Mit dem Wechsel von kleinbäuerlichen Systemen hin zur industriellen Landwirtschaft ist häufig ein effektiver Rückgang der Lebensmittelproduktion in der Region verbunden. Es ist daher falsch zu behaupten, großflächige Landnahmen mit ebensolchen Strukturen würden generell zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung beitragen. Auch die Annahme, dass großflächige Landwirtschaft automatisch höhere Flächenerträge erwirtschaftet, konnte nicht bestätigt werden.
Soziale Indikatoren. Großbetriebe gefährden die Nahrungsmittelsicherheit
Die lokale Bevölkerung leidet besonders stark unter den Landnahmen. Sie verliert ihre landwirtschaftlichen Flächen und dies führt immer häufiger und heftiger zu Konflikten um Land. Die Kleinbauern haben wenig Möglichkeit, sich gegen diese Landnahmen zur Wehr zu setzen. Ihre rechtliche Situation und Sicherheit sind häufig ungeklärt bzw. unzureichend. Land, das ursprünglich nach Gewohnheitsrecht oder in Form von Gemeinschaftsflächen (Commons) organisiert und bewirtschaftet wird, geht der ländlichen Bevölkerung häufig dauerhaft verloren. Der Verlust von Land und damit der landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen hat schwerwiegende negative Folgen: Die Nahrungsmittelsicherheit und die ökonomischen Existenzen der Menschen sind dadurch stark gefährdet. Denn die Nahrungsmittelunsicherheit ist im Umfeld von großflächigen Betrieben deutlich höher als in kleinbäuerlich geprägten Strukturen.
Fazit. Kleinbäuerliche Betriebe fördern, Investitionen in Großbetriebe stoppen
Das schlechte Image kleinbäuerlicher Betriebe bei Afrikas Regierungen und vielfach auch bei europäischen Entwicklungspolitikern hält einer wissenschaftlichen Betrachtung nicht stand. Auch Landkonflikte werden durch die Investitionen in Land von in- und ausländischen Kapitalgebern eher befördert. Es ist unstrittig, dass die Landwirtschaft in Afrika Unterstützung, Investitionen, Beratung und verlässliche Rahmenbedingen benötigt, vor allem was den Zugang zu Land, Saatgut und Wasser angeht. Aber Investitionen in industrialisierte Landwirtschaft sind dabei sicherlich nicht der richtige Weg. Das hat die Studie belegt. Auf dem Peoples‘ Summit wurde eingefordert, dass die agrarökologische, kleinbäuerliche Landwirtschaft gefördert und die Investitionen in Land durch europäische Entwicklungsbanken gestoppt werden.