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Klimaschutz braucht konfliktsensibles Handeln

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Zeke Tucker | Unsplash

Die FriEnt-Kolleginnen Caroline Kruckow und Nina Strumpf berichten von einem Workshop mit indigenen Gemeinschaften in den Philippinen. Dieser hatte gemeinsam mit dem forumZFD im Rahmen der “Build Peace”-Konferenz stattgefunden.

“Was ist Kohlenstoff und Dekarbonisierung? Und was bedeutet das im Zusammenhang mit Klimawandel? Wir hatten zwar schon vor einiger Zeit eine Informationsveranstaltung zu diesem Thema, die von einer NGO organisiert wurde. Aber die meisten Indigenous Leaders (Anm.: Leitende Männer oder Frauen indigener Gemeinschaften) wissen davon weiterhin viel zu wenig. Über die Folgen und Risiken von Kompensationsprojekten sind sich die meisten gar nicht bewusst“, so der Bericht einer traditionellen Leiterin von der philippinischen Insel Mindanao. Sie leitet eine indigene Gemeinschaft aus einer Bergregion im Nordosten der Insel. Ihr Bericht war zentraler Teil eines Workshops, den FriEnt gemeinsam mit dem forumZFD Philippinen im Rahmen der “Build Peace”-Konferenz im November 2024 in Manila organisiert hat.

Im Zentrum dieses Workshops standen Geschichten von indigenen Gemeinschaften, die von Unternehmen mit Versprechungen für Entwicklung und Arbeitsplätze umworben wurden – und zwar im Zusammenhang mit Dekarbonisierungs-Projekten. In einem der beiden hier beschriebenen Fälle auf Mindanao wurde von der indigenen Gemeinschaft bereits Zustimmung zu einem Projekt gegeben, obwohl Details zu den Plänen des Unternehmens und seines Vorhabens noch gar nicht klar waren. Aus vielen anderen bekannt gewordenen Fällen in anderen Ländern wissen wir, dass diese Projekte jedoch häufig nicht halten, was sie versprechen. Sie stellen die lokalen Gemeinschaften vor große Herausforderungen. Nicht selten stehen die indigenen Gemeinschaften am Ende mit leeren Händen da und haben mit Umweltproblemen sowie mit einer Zunahme von lokalen Konflikten zu kämpfen.

Foto: Privat

Zustimmung wird unter unklaren Bedingungen eingeholt

Mangelndes Wissen über die Bedingungen, das Ausmaß und die Auswirkungen der Projekte birgt das Risiko, dass lokale Gemeinschaften von Unternehmen und Politik sehr schnell für ein Dekarbonisierungs-Projekt zur Kompensation von Kohlenstoff-Emissionen gewonnen werden können. Hierbei wird erwartet, dass sich die Lebensumstände der marginalisierten und häufig in großer Armut lebenden indigenen Gemeinschaften verbessern. So solle wirtschaftliche Entwicklung und Infrastruktur in die entlegenen Bergregionen gebracht werden. Nicht selten spielen dabei auch Eigennutz und Korruption eine Rolle.

Gleichzeitig stehen auch die traditionellen „Indigenous leaders“ vor großen Herausforderungen, da sie für die Zukunft ihrer Gemeinschaft verantwortlich sind. Oft wird ihre Zustimmung zu Projekten unter unklaren Bedingungen und mit mangelnder Transparenz eingeholt. Die indigene Gemeinschaft von Mindanao hatte beispielsweise unzureichende Informationen darüber, ob, wie und in welchem Umfang sie nach Beginn des Dekarbonisierungs-Projekts noch das Land nutzen kann.

Rechtebasierte Gesetze schützen nicht ausreichend vor Konfliktdynamiken

Eine wichtige Grundlage zum Schutz der Rechte indigener Gruppen bieten in den Philippinen Gesetze wie der Indigenous Peoples Rights Act (IPRA) und die damit verbundenen Anforderungen des Ancestral Domain Sustainable Development and Protection Plan (ADSDPP) und die Verpflichtung zum Free Prior Informed Consent (FPIC). Die Nationale Kommission für Indigene Völker (NCIP) soll zudem sicherstellen, dass Entwicklungsprojekte in indigenen Gebieten gerecht, nachhaltig und im Einklang mit den Interessen der Gemeinschaften durchgeführt werden.

Dieser breite Ansatz rechtebasierter Gesetze und Mechanismen zur Sicherung der Rechte indigener Gemeinschaften schütze diese jedoch nicht davor, dass es negative Auswirkungen gebe und Konflikte zunähmen. So wurde es bei dem Workshop berichtet. Die Erfahrungen zeigten, dass diese rechtlichen Grundlagen auch ein Einfallstor für interessengeleitete Investor*innen sein können. Diese könnten ihre Projekte in indigenen Gebieten mit der Rückendeckung aus einflussreichen politischen Ebenen erst ermöglichen.

Inwieweit mündliche Versprechungen gemacht und gehalten werden, kann kaum nachgewiesen werden. Daraus können Konflikte entstehen, die mit traditionellen Schlichtungsmechanismen häufig gar nicht mehr bearbeitet werden können. Dies führt zu zunehmender Gewalt, Ausgrenzung und Spaltungen in den lokalen Gemeinschaften.

Es braucht Schutz und nationale Gesetze zum Kohlenstoffhandel

Eine wichtige Erkenntnis aus der Diskussion des Workshops war darüber hinaus, dass es in den Philippinen bisher keine nationale Gesetzgebung für den Kohlenstoffhandel sowie für entsprechende Kompensationsprojekte gibt. Somit fehlen eine rechtliche Grundlage zur Regulierung sowie z.B. Beschwerde-Mechanismen für die Betroffenen.

Klimamaßnahmen wie Projekte im globalen Handel mit Kohlenstoff-Zertifikaten können Konflikte verstärken oder zum gesellschaftlichen Frieden beitragen – je nachdem, wie sie gestaltet und umgesetzt werden. In Mindanao stehen indigene Gemeinschaften vor großen Herausforderungen durch Klimaschutzmaßnahmen und den Kohlenstoffmarkt. Erfahrungen indigener und lokaler Gemeinschaften zeigen, dass solche Projekte die Kultur und Traditionen verändern und die sozialen Strukturen schwächen können. Zunehmend gefährlich ist dies für die lokalen Aktivist*innen, die eintreten für Menschenrechte, eine klare Aufdeckung der Interessen und eine gerechte Beteiligung an den ökonomischen Gewinnen sowie für eine friedliche Konfliktbearbeitung.

Dennoch sind Investitionen nötig für eine nachhaltige Entwicklung in entlegenen Bergregionen und für häufig auch marginalisierte indigene Gruppen. Allerdings erfordern diese einen sicheren Rechtsrahmen und lokale Lösungen. Dabei bieten Emissionszertifikate und Kompensationsprojekte mehr Risiken als Chancen. Nur wenn Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen konfliktsensibel und nachhaltig geplant sind, können sie lokale Lösungen in den Blick nehmen und umwelt- wie auch biodiversitätserhaltend die indigenen Gemeinschaften stärken.

Resümee: Rechtebasierte Ansätze, inklusive Strukturen und Konfliktsensibilität sind unverzichtbar für nachhaltige Klimamaßnahmen.

Kontakt
Caroline Kruckow
Caroline Kruckow

Caroline Kruckow ist die FriEnt-Vertreterin von Brot für die Welt

caroline.kruckow@frient.de

Nina Strumpf
Nina Strumpf

Vertreterin der Berghof Foundation und der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung

n.strumpf@berghof-foundation.org

References

Build Peace Konferenz

November 2024 in Manila

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