Südostasien ist ein „Hotspot“ für das Phänomen des Landraubs, beziehungsweise der Landvergabe an Investoren ohne Rücksichtnahme und Beachtung der legitimen Landrechte der lokalen Bevölkerung. Insgesamt sind bereits über 10 Millionen Hektar Land an Investoren vergeben und Landkonflikte sowie damit verbundene Gewalt nehmen auf allen Ebenen zu. „Land Rights Matter“ war daher das Motto eines regionalen Partnerworkshops von Brot für die Welt vom 16.-21. Januar 2017 in Siem Reap, Kambodscha.
Die beschriebene Situation stellt für eine Vielzahl von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Ländern Südostasiens, die sich mit den unterschiedlichen Themen der ländlichen Entwicklung, Menschenrechtsarbeit, Ernährungssicherung und gewaltfreier Konfliktbearbeitung beschäftigen, eine zunehmende Herausforderung dar. Vor diesem Hintergrund fand eine regionale Partnerkonsultation mit insgesamt 35 Teilnehmenden statt, zu der Landrechts-Expertinnen und Experten aus zwölf zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen aus Vietnam, Myanmar, den Philippinen, Indonesien, China und Kambodscha nach Siem Reap gekommen waren. Der Workshop diente als sicherer Raum für den Erfahrungsaustausch zu dem für alle Beteiligten zunehmend gefährlicher werdenden Thema „Landrechte“ und „Verhinderung von Landraub“. Der Austausch ermöglichte Reflektion über Erfolge und Lernerfahrungen sowie die gemeinsame Analyse von Chancen und Risiken der Arbeit im Einsatz für Landrechte. Er sollte auch zu einer stärkeren Vernetzung und Unterstützung von gemeinsamer Lobby- und Advocacyarbeit beitragen.
Mit der im September 2016 veröffentlichten Studie „Land Rights Matter – Anchors to reduce Land Grabbing, Dispossession and Displacement“ war der Partnerworkshop vorbereitet worden. Der Autor, Andreas Neef, brachte die Kernergebnisse der Studie ein, in der die Rahmenbedingungen für die Legitimität von Land- und Besitzrechten, sowie Konfliktbearbeitungsmechanismen in Kambodscha, Myanmar, Vietnam, Indonesien, Philippinen und Laos verglichen wurden. Diese zusammenfassende Analyse der Situation in den sechs südostasiatischen Ländern sowie die Diskussion darüber, wie internationale Regelwerke Landraub verhindern können, bildeten den Ausgangspunkt für den Austausch zwischen den Teilnehmenden.
Im Umgang mit chinesischen Investoren im Rahmen des regionalen Engagements der amerikanischen Quäker-Stiftung (American Friends Service Committee, AFSC) zu „Business and Peace China/Cambodia“ konnten Lernerfahrungen zu Austausch und Dialog zwischen chinesischen Investoren und Betroffenen aus kambodschanischen Gemeinschaften gezogen werden. Unter dem Stichwort „Follow the Money“ wurden Methoden und Erfahrungen aus der Fallarbeit und Recherche zu Finanziers (Investoren, Banken, Entwicklungsfinanzinstitutionen) thematisiert. Ferner wurden die internationalen Regelwerke, darunter unter anderem die „Freiwilligen Leitlinien zur verantwortungsvollen Verwaltung der Nutzung von Land, Fischgründen und Wäldern“ (VGGT) vorgestellt und mit Blick auf Anwendbarkeit und zur Verhinderung von Landraub diskutiert.
Für die Teilnehmenden boten sich Lern- und Vernetzungsmöglichkeiten zu Themen wie Gefährdung von und Schutz für LandrechtsverteidigerInnen, shrinking space im Bereich Landrechte und Investitionen, und Missachtung von Gewohnheitsrechten sowie traditionellen Rechten von Indigenen. Die fortgesetzte Konzessionsvergabe großer Landflächen an internationale Konzerne und nationale Eliten und die fehlende Umsetzung nationaler Gesetze verschärfen in verschiedenen Ländern Konflikte und Gewalt. Eine große Herausforderung in der Lobby- und Advocacyarbeit für die Einhaltung der legitimen Landrechte für lokale Gruppen entsteht aus der zunehmenden Spaltung der lokalen Gemeinschaften in Gegner und Befürworter der Landkonzessionen, die durch das Taktieren der Investoren und häufig massiven Druck und Bedrohung durch staatliche Stellen verschärft werden. Menschenrechtliche Anliegen werden in vielen Fällen zunehmend delegitimiert und zivilgesellschaftliche Akteure und LandrechtsaktivistInnen als Störenfriede gebrandmarkt und verfolgt. Konfliktsensibilität beziehungsweise Do no harm/Local capacities for peace sind Themen, die die Teilnehmenden untereinander und gemeinsam mit Brot für die Welt weiter verfolgen wollen.