„We used to fear bullets. Now we fear bulldozers“ – so eine Aussage von Menschen aus Myanmar, die zu der heutigen Situation und den Auswirkungen der großen Infrastruktur- und Investitionsprojekte befragt wurden. Diese Aussage wirft einen Schatten auf die Annahme, durch Wirtschaftsförderung direkt eine Friedensdividende erzielen zu können.
Welche Ansätze, aber auch welche Herausforderungen sich abzeichnen, um tatsächliche Friedenspotentiale durch die Förderung des Privatsektors zu erzielen, wurde beim FriEnt-Fachgespräch „Wirtschaft und Frieden – wie steht’s in Myanmar?“ am 7. Februar mit 25 Teilnehmenden aus staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen diskutiert. Welche Grundannahmen und Konzepte liegen der Privatwirtschaftsförderung und den Investitionen in Konfliktkontexten wie Myanmar zugrunde? Inwieweit können konfliktsensibles Handeln und die Beachtung sozialer und menschenrechtlicher Aspekte im Rahmen der Wirtschaftsförderung zu Konflikttransformation und Friedenskonsolidierung beitragen? Solche und ähnliche Fragen wurden insbesondere in Bezug auf Tourismus, Großprojekte und Investitionspartnerschaften diskutiert sowie mit Blick auf Gewerkschaftsarbeit hinterfragt.
Zwei einführende Vorträge stellten die aktuelle Situation in Myanmar vor. Sie erläuterten Ansatzpunkte für friedens- und entwicklungsfördernde Wirtschaftsaktivitäten und führten die relevanten Wirtschaftsakteure und den rechtlichen Rahmen ein. Dabei wurde deutlich, dass eine sogenannte ‚Friedensdividende‘ nicht automatisch durch wirtschaftliche Aktivitäten und Förderungen des Privatsektors zu erwarten ist. Myanmarische Eliten und ehemalige Kämpfer haben über Waffenstillstandsabkommen Vorgriffsrechte auf Ressourcen ausgehandelt. Dieser so genannte ‚Ceasefire capitalism‘ sowie die Vormachtstellung ehemaliger Militärs und die damit verbundene Vetternwirtschaft haben der Bevölkerung bisher vor allem Nachteile, Unsicherheit und Vertreibungen gebracht. Wirtschaftliches Handeln wird von vielen Menschen im Land nicht mit Sicherheit und Wohlstand für alle assoziiert, sondern steht eher für Bedrohung.
Für die Entwicklungszusammenarbeit stellen sich viele Fragen neu, nicht zuletzt nach den kriegerischen Auseinandersetzungen im Rakhaing-Staat und der gewaltsamen Vertreibung der Rohingya. Dazu gehört zum einen die Frage, welche Projekte in welchen Bereichen und in welcher Form zu unterstützen sind. Zum anderen stellt sich unter diesen Bedingungen die Frage nach der Ausgestaltung nachhaltiger Wirtschafts- und Privatsektorförderung. In den anschließenden Diskussionen wurde betont, in diesen Kontexten keine zu hohen Erwartungen zu transportieren und sich vielmehr um langfristige Ansätze zu kümmern. Um durch Wirtschaft eine Friedensdividende erzielen zu können, muss Wirtschaft eine Breitenwirksamkeit erzielen, die von der Bevölkerung als positiv wahrgenommen wird. In der derzeitigen Situation sei das noch nicht erreicht und wäre ein weiter Weg, der nur in kleinen Schritten und mit hoher Konfliktsensibilität weiter gegangen werden könne.