Wer Sicherheit will, braucht Friedenspolitik
Globale Herausforderungen verlangen globale Zusammenarbeit, auch jenseits politischer Konfliktlinien zwischen Autokratien und Demokratien. Das macht Menschen- und Freiheitsrechte jedoch nicht verhandelbar. Sie müssen unabhängig von staatlichen Zielen und Interessen Richtschnur für jedes Politikhandeln bleiben. Damit globale Risiken und Herausforderungen für Frieden und Sicherheit gemeinsam bearbeitet werden können, braucht es daher Strukturen und Prozesse für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit und Dialog – besonders in der Kooperation mit Partner*innen im sogenannten Globalen Süden. Kern der Entwicklungszusammenarbeit sind nicht reine Finanzleistungen, sondern die Unterstützung für strukturelle, politische und gesellschaftliche Veränderungen für gute Regierungsführung und die Zusammenarbeit auch mit zivilen Kräften.
Alle Dimensionen menschlicher Sicherheit müssen gleichberechtigt bearbeitet werden. Menschliche Sicherheit bedeutet nicht nur Schutz vor physischer Gewalt, sondern auch vor weiteren Bedrohungen der Lebensgrundlagen von Menschen, z.B. durch Umweltzerstörung, Krankheit oder wirtschaftliche Not. Es gibt daher keine Priorität für militärische Sicherheit. Langfristig sichere Lebensgrundlagen entscheiden über Risiken und Perspektiven in Krisenregionen.
Im Vergleich mit anderen Instrumenten wirken Beiträge der Entwicklungszusammenarbeit nachhaltig für Frieden und Sicherheit. Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung stärken langfristige Prozesse des Wandels. Dazu gehören ein konfliktsensibles Vorgehen und eine inklusive Einbindung verschiedener Gruppen in Planungs- und Entscheidungsprozesse. Menschliche Sicherheit und gute Regierungsführung sind ohne aktive Beiträge der Zivilgesellschaft nicht möglich. Unabdingbar ist dabei eine direkte Unterstützung für lokale Friedensakteur*innen. Dies sollte mit einer feministischen Friedens- und Entwicklungspolitik verknüpft werden, um Frauen und benachteiligte Gruppen gezielt zu unterstützen.
Zum Hintergrund
Nicht zuletzt seit des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine hat sich die geopolitische Fragmentierung der internationalen Landschaft verschärft – mit zunehmend eskalierenden Konfliktdynamiken von der Ukraine bis zum Horn von Afrika, von Nahost bis zum Südchinesischen Meer und ihren Verflechtungen mit globalen Krisen. Die jüngsten Entwicklungen in der Sahelzone haben zudem gezeigt, dass sich das Umfeld für globale Kooperationsbemühungen erheblich verändert. Als Reaktion auf die globalen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts hat nicht nur die Europäische Union (EU) ihr Profil als Sicherheitsgeber in Regionen, die zunehmend von Machtpolitik geprägt sind, kontinuierlich geschärft. Auch Deutschland hat mit Beginn des Ukraine-Russland-Krieges eine „Zeitenwende“ ausgerufen.
In diesem sich verändernden Kontext stellen sich kontinuierlich Fragen nach den Grenzen und Möglichkeiten internationaler Friedenskonsolidierung und Konfliktlösung. Die Risiken und Bedrohungen für Frieden und menschliche Sicherheit machen nicht an Ländergrenzen halt und verlangen ein umfassendes Engagement der Bundesregierung aber auch der EU für eine aktive Gestaltung der „Zeitenwende“. Dieses Engagement manifestiert sich auch in der Unterstützung der Vereinten Nationen, die seit Jahrzehnten einen Ordnungsrahmen für Krisen und Konflikte bietet. Dieser Rahmen wird jedoch gerade massiv unter Probe gestellt. Wie können Frieden und Sicherheit künftig durch multilaterale Zusammenarbeit gefördert werden? Als einer der größten Geber für Krisenprävention und Peacebuilding sollte Deutschland als verlässlicher Partner für eine globale Friedens- und Sicherheitspolitik agieren.