Das GIZ-Projekt “Lokale feministische Perspektiven als Transformationshebel in Partnerländern” (LOKAFEM) analysiert feministische Akteur*innen und ihre Strategien zur Förderung von Geschlechtergerechtigkeit – in unterschiedlichen lokalen Kontexten. Ziel ist es, von kontextspezifischen feministischen Erfahrungen zu lernen und daraus Handlungsempfehlungen abzuleiten für eine wirkungsvolle feministische Entwicklungs- und Außenpolitik. Durch partizipative Forschungsansätze werden lokale Perspektiven sichtbar und für den entwicklungspolitischen Dialog nutzbar gemacht.
Warum lokale feministische Perspektiven entscheidend sind
Feministische Bewegungen sind wesentliche Treiber gesellschaftlicher Transformation. Entwicklungszusammenarbeit sollte sich gezielt auf ihre Bedarfe ausrichten. So kann sie nachhaltige und gendertransformative Wirkungen erzielen. Gleichzeitig erfordert die zunehmende Bedrohung durch Anti-Gender-Bewegungen, dass feministische Akteur*innen gezielt unterstützt werden müssen. So können demokratische Fortschritte gesichert werden.
LOKAFEM zeigt: Eine geschlechtergerechte Entwicklungszusammenarbeit muss lokale feministische Perspektiven aktiv einbinden. Gleichzeitig müssen strukturelle Veränderungen nachhaltig verankert werden. Durch partizipative Forschung und transnationale Vernetzung werden feministische Narrative gestärkt. Zudem werden alternative Handlungsstrategien sichtbar gemacht. Dies verbessert zum einen die wissenschaftlichen Erkenntnisse. Zum anderen trägt es dazu bei, feministische Politik und Entwicklungsprogramme effektiv zu gestalten.
Feministische Forschung und transnationaler Austausch
LOKAFEM wird mit dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (IDOS) in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Partnerorganisationen umgesetzt. In drei partizipativen Studien wurden feministische Perspektiven auf politische Teilhabe sowie die Wechselwirkungen von Gender, Gesundheit und Klimawandel untersucht. Zudem wurden feministische Strategien in Konflikt- und Wiederaufbaukontexten betrachtet. Begleitend fanden transnationale Fachdialoge statt, um Gemeinsamkeiten und Herausforderungen zu diskutieren. Auch Strategien für gendertransformative Ansätze wurden weiterentwickelt.
Die Forschungsarbeiten wurden gemeinsam durchgeführt u.a. mit dem Goa Institute of Management (GIM) in Indien, dem Gender Studies and Human Rights Documentation Centre (GSHRDC) in Ghana sowie Gender in Detail in der Ukraine. Die gewonnenen Erkenntnisse spiegeln die Vielfalt feministischer Bewegungen und Herausforderungen in verschiedenen Kontexten wider.
Zentrale Erkenntnisse und Empfehlungen
Die Studien zeigen, dass feministische Akteur*innen eine Schlüsselrolle für intersektionale und menschenrechtsbasierte Ansätze spielen. Basierend auf diesen Erkenntnissen formulierte IDOS folgende Empfehlungen:
- Investitionen in geschlechtergerechte Infrastruktur: Die ukrainische Studie empfiehlt, in Kinderbetreuung, Pflegeeinrichtungen, Frauenhäuser und Unterstützungszentren für geschlechtsspezifische Gewalt zu investieren, um einen gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen zu fördern.
- Erweiterung von Forschung und Datenerhebung: Die indische Studie betont die Notwendigkeit, die Datengrundlage zu Geschlechterungleichheiten zu verbessern – unter Berücksichtigung von Religion, Kaste und Geschlecht.
- Mapping feministischer Bewegungen: Die Studien zeigen einen Forschungsbedarf zu feministischen Bewegungen in den untersuchten Kontexten (z.B. Frauen und Gesundheit/Klimaschutz, gendertransformative Policy-Ansätze).
- Förderung eines differenzierten Verständnisses von Feminismus: Alle Studien heben die Bedeutung eines intersektionalen und inklusiven Verständnisses von Feminismen hervor. Darunter werden auch digitale Formen von Aktivismus gefasst sowie die Notwendigkeit systemischer Veränderungen, um geschlechtsspezifische Gewalt zu bekämpfen. Zudem geht es um Strategien, die die Repräsentanz von Frauen verbessern. Auch Überschneidungen zwischen anti-demokratischen Bewegungen und Anti-Gender-Kampagnen müssen systematischer untersucht werden, um wirksame Gegenstrategien zu entwickeln. Ein verstärkter Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft ist hierfür entscheidend.
- Stärkung feministischer Netzwerke durch flexible Förderung: Die ghanaische Studie empfiehlt flexible, langfristigere Finanzierungsmechanismen, die Advocacy und transnationale Netzwerke stärken – ohne projektgebunden zu sein.
- Institutionelle Verankerung kontextsensibler feministischer Politiken: Eine feministische Politikgestaltung sollte menschenrechtliche Prinzipien priorisieren, diese institutionell verankern und flexibel an politische Kontexte anpassen.
- Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Zeitarmut: Alle Studien fordern die Anerkennung und Entlastung von Care-Arbeit durch gezielte politische Maßnahmen und soziale Schutzmechanismen.
Synthesebericht
Der Synthesebericht fasst die Erkenntnisse der drei Fallstudien aus Ghana, Indien und der Ukraine zusammen. Er identifiziert gemeinsame Herausforderungen und Chancen. Dabei wurde eine Matrix mit 13 Kriterien zur Analyse lokaler feministischer Perspektiven entwickelt.
Die Synthesekonferenz, die am 19.03.2025 unter Teilnahme von Vertreter*innen aus Politik, Praxis und Wissenschaft in Berlin stattfand, bot wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung feministischer Ansätze in der Entwicklungszusammenarbeit. Besonders in den Diskussionen wurde deutlich, wie viel Expertise und Differenzierungskraft in lokalen feministischen Stimmen liegt – und wie wichtig deren systematische Einbindung in Analyse-, Dialog- und Umsetzungsprozesse ist.
Klar wurde auch: Es braucht Räume für Reflexion, Ressourcen für Umsetzung – und die Bereitschaft, unterschiedliche Feminismen als Bereicherung zu verstehen.