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Was bieten die „Freiwilligen Leitlinien“ der FAO?

Relevante Elemente und Bezüge für Konfliktbearbeitung und –transformation
Global Partnerships
Aboodi Vesakaran I Unsplash

Im Mai 2012 verabschiedete die FAO die „Freiwilligen Leitlinien zum verantwortungsvollen Umgang mit Boden- und Landnutzungsrechten, Fischgründen und Wäldern“. Sie gelten als wichtiges Instrument zur Regulierung des Landsektors und sollen unter anderem zur Verhinderung von „land grabbing“ beitragen. Welche Rolle spielen diese Leitlinien in Bezug auf Landkonflikte? Wie gestaltet sich der Umsetzungsprozess? Wie sind sie im indonesischen Kontext anwendbar? Und welche Handlungsoptionen ergeben sich?

Zu diesen und weiteren Fragen trafen sich 23 Teilnehmende aus staatlichen und zivilgesellschaftlichen Organisationen am 15. November im Rahmen des FriEnt-Rundtisches Indonesien. Dr. Babette Wehrmann, die an den Verhandlungen der FAO zu den Leitlinien direkt teilgenommen und am Prozess der Leitlinienerstellung mitgewirkt hat, gab einen Einblick in Inhalte und Entstehungsprozess. Caroline Kruckow, FriEnt, zeigte relevante Elemente und Bezüge der Leitlinien für Konfliktbearbeitung und –transformation auf. Erste Einschätzungen zur Relevanz der Leitlinien aus Sicht der indonesischen Zivilgesellschaft stellte Carolin Callenius, Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst, anhand von Ergebnissen aus einer Partnerkonsultation vor.

Die Landpolitik ist in Indonesien aufgrund des Ressourcenreichtums mit vielschichtigen Interessen verbunden. Gleichzeitig bleiben Landrechte und –nutzung elementar für Ernährungssicherung und Einnahmequellen, Lebens- und Kulturräume der lokalen Bevölkerung. In den derzeitigen nationalen Politiken zur Nutzung natürlicher Ressourcen und Entwicklung von Wirtschaftskraft im Landsektor ist eine Orientierung an partizipativen, gerechten und konfliktsensiblen Prinzipien kaum zu erkennen. Vielmehr verschärft der Ausschluss großer Bevölkerungsteile von Entscheidungsprozessen, Rechts-unsicherheit sowie Klientelpolitik die Zunahme gewaltsamer Konflikte. Die Teilnehmenden des Rundtischs identifizierten folgende Herausforderungen im Landsektor:

  • Gemäß der indonesischen Verfassung ist Land Staatseigentum, dessen Nutzung zum Wohlergehen des Volkes und zur Steigerung des Wohlstands dienen muss. In der Realität wird diese Vorgabe jedoch nicht erfüllt. Die staatlichen Institutionen sind zu schwach, Korruption eine große Herausforderung. Vor diesem Hintergrund liegt eine große Verantwortung bei den Investoren sowie bei den internationalen Finanzinstitutionen wie der Weltbank, die Investitionsvorhaben in Land unterstützen.
  • Häufig fehlen klare Regelungen zu Landbesitz und Landnutzung. Die Gesetzgebung ist stark segmentiert und führt zu einer Inkohärenz gegenüber dem Anspruch des Gemeinwohls. Hier bedarf es der Stärkung der institutionellen Rahmenbedingungen.
  • Den Landnutzenden fehlen rechtliche Grundlagen und Sicherheit, aufgrund derer sie ihre Landrechte gegenüber Staat und Unternehmen einklagen und durchsetzen können. Informelle, aber legitime Landnutzungsrechte stehen legalen, formalisierten Formen gegenüber. Überlappungen verschiedener Nutzungsrechte werden nicht berücksichtigt, informelle Rechte nicht anerkannt.
  • Multistakeholder-Prozesse werden vor Ort nicht praktiziert, staatliche Stellen verhalten sich passiv oder unterstützen aktiv – auch durch den direkten Einsatz staatlicher Sicherheitskräfte – die Durchsetzung der Interessen von Investoren. Es gilt, drivers of change auf staatlicher wie zivilgesellschaftlicher Seite zu identifizieren.
  • Landenteignungen und Vertreibungen während der Suharto-Zeit sind weiterhin ungelöst. Eine Aufarbeitung erlittenen Unrechts und Entschädigungen oder entsprechende Landreformen stehen aus.

Freiwillige Leitlinien scheinen vor diesem Hintergrund kaum ein unmittelbar durchsetzungskräftiges Instrument zu sein. Wohl aber bieten sie als Referenzrahmen das Potential, den Dialog über Probleme der Landpolitik (wieder) aufzunehmen. In Hinblick auf existierende Konflikte um Land erheben die Leitlinien nicht den Anspruch, diese zu lösen, geben aber Hinweise darauf, was für die Bearbeitung von Konflikten, Schlichtung und Gewaltprävention notwendig ist. Unter anderem zeigen sie Verbindungen zu menschenrechtlichen Verpflichtungen der Staaten und Investoren auf. Die Leitlinien können jedoch nicht als Instrument zur Aufarbeitung der Vergangenheit dienen. Dagegen können sie aber ein hilfreiches Instrument sein, um Aushandlungsprozesse zu gestalten. Dies können sowohl politische Dialogprozesse wie auch die Begleitung von einzelnen Investitionsvorhaben sein, die auf ihre Entsprechung menschenrechtlicher Standards und Verpflichtungen anhand der Leitlinien überprüft werden können. Des Weiteren sahen die Teilnehmenden eine gute Chance, mit den Leitlinien innerhalb Deutschlands zu arbeiten, um Bewusstsein in Hinblick auf menschenrechtliche Verstöße, konfliktverschärfende Elemente und Unternehmensstrategien aufzuzeigen.

Die Teilnehmenden bekräftigten Bedarf und Interesse für einen weiterführenden Austausch zum Thema Landpolitik und Landkonflikte im Rahmen des FriEnt Rundtischprozesses. Neben einer vertieften Problemanalyse soll es insbesondere auch darum gehen, Handlungsoptionen und Kooperationsmöglichkeiten zu konkretisieren.

Contact
Caroline Kruckow
Caroline Kruckow

Caroline Kruckow is the FriEnt representative of 'Brot für die Welt'.

caroline.kruckow@frient.de

References

Voluntary Guidelines on Tenure

Food and Agriculture Organization of the United Nations

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